Amateurfunk - warum Funkamateur ?

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Warum Funkamateur ?

Um diese Frage erschöpfend zu behandeln, könnte ich wohl stundenlang schreiben. Um aber in Kürze darauf einzugehen, benutze ich als " roten Faden " meinen Werdegang zum Funkamateur:

Begonnen hat alles damit, daß ich mir ein Kofferradio kaufte, mit dem ich (zufällig) auch Amateurfunk hören konnte . Da unterhielten sich mir unbekannte Menschen über ihr Hobby, und einmal war von einem Treffen die Rede.Ich beschloss, dorthin zu gehen und " fing Feuer "!

Es wurde ein Lehrgang zur Vorbereitung auf die Lizenzprüfung angeboten und ich machte mit. Ungefähr ein halbes Jahr später war es dann soweit: Ich bestand die Prüfung zur C - Lizenz, erhielt das Rufzeichen DC1XW und kaufte mir ein gebrauchtes und umgebautes Taxifunkgerät, damals noch mit Röhren.

Endlich durfte ich mich mit den Leuten, die ich ja schon lange gehört hatte, auch unterhalten!
Mit dem kleinen Gerät ging das auf UKW ( 2m-Band), besonders am Abend über ein Relais  ( DB0XH ), und ich lernte viele Funkamateure - zunächst nur per Funk - später auch persönlich kennen, die mir mit Rat und Tat beim Aufbau meiner Station behilflich waren.
Viele Nächte gingen so im Gespräch dahin, und nicht selten graute schon der Morgen, bevor ich mich endlich von diesem interessanten Spielzeug losreißen konnte.

Begeistert hörte ich Berichte von erfahrenen Funkamateuren, die von Verbindungen zu anderen Funkamateuren in anderen Städten, anderen Ländern, ja sogar anderen Kontinenten  ( auf Kurzwelle ) berichteten. Aber mit meiner C - Lizenz ging es natürlich nicht so weit  ( damals gab es noch keine Amateurfunksatelliten über die es heute natürlich wesentlich weiter geht ).
Die C-Lizenz erlaubt Betrieb nur auf den höheren Frequenzen ab 144 MHz, und dort sind die Reichweiten aus physikalischen Gründen begrenzt.

So versuchte ich erstmal, das Beste aus meiner Lizenz zu machen ,kaufte mir ein gebrauchtes SSB - Gerät für 2m und baute mit Hilfe einiger OM eine drehbare Richtantenne auf. Nun hatte ich ( bei guten Bedingungen - abhängig vom Wetter ) einen Radius von bis zu 2000 KM! Ich konnte quer durch Europa mit anderen Funkamateuren sprechen, und manchmal ging es bis in den Mittelmeerraum !

( SSB ? = single side band = eine Betriebsart, bei der ich kein ständiges Signal - wie eine Radiostation - aussende, sondern nur, wenn ich spreche. So komme ich mit weniger Energie weiter.)

Doch ich wollte noch weiter. Etwa 1970 hatte ich die C -Lizenz gemacht, und 1984 gelang es mir, die Morseprüfung zu bestehen ( war damals noch Voraussetzung für das Erlangen der "großen" Lizenz, heute muss niemand mehr morsen können)  und unter meinem jetzigen Rufzeichen DL3XU in die Luft zu gehen. Bald konnte ich einen gebrauchten Kurzwellentransceiver erstehen und nach Aufbau eines Vertikalstrahlers ( GPA 5 ) und einer Langdrahtantenne stand mir die Welt offen. Innerhalb von nur zwei Wochen hatte ich alle fünf Kontinente erreicht und fühlte mich jetzt endlich als voll zugehörig, als Mitglied dieses völkerverbindenden Hobbys.

Dann hörte ich eines Tages, wie Funkamateure sich über RTTY ( Funkfernschreiben ) unterhielten: Wieder etwas Neues! Ich sprach sie an, liess mich informieren, besuchte einen Funkamateur und liess mir seine Station vorführen. Schliesslich erstand ich einen ausrangierten RTTY - Converter, schloss ihn an meinen C 64 an und siehe da - ich konnte auch schriftliche Nachrichten mit anderen Funkamateuren austauschen! Auch gelang es mir, kommerzielle Stationen, die Nachrichten an alle ( z.B.: Wetterberichte ) sendeten, mitzuschreiben. Wieder hatte ich einen neuen Aspekt unseres so vielseitigen Hobbys kennengelernt.

Dann kam Packet Radio auf, also eine ähnliche, aber schnellere und sicherere Betriebsart, um schriftliche Nachrichten auszutauschen, und ein Modem sowie Software fuer meinen C 64 mussten her. Daß ich nun mit diesem kleinen Computer Nachrichten aus aller und in alle Welt lesen und senden konnte, fasziniert mich noch heute. ( Inzwischen habe ich mir einen PC zugelegt, mit dem das Ganze natürlich etwas komfortabler geht! ). Aber es gibt ja noch so viele Möglichkeiten im Rahmen des Amateurfunks, sich zu entfalten, die ich noch nicht ausprobiert habe:

1.) Viele machen die Lizenz nur, um legal mit Sendern experimentieren zu können, und sagen gar nichts auf den Bändern.

2.) Du kannst auf den UKW - Bändern Satellitenfunk in andere Länder und Kontinente machen, und das sogar mit relativ kleinen Anlagen. Mit größeren Antennenanlagen kannst Du auch MS-  oder EME- Verbindungen machen. ( EME = Erde-Mond-Erde Verbindungen, wobei der Mond als Reflektor benutzt wird und MS = Meteorscatter, wobei Meteoritenschauer als Reflektoren benutzt werden ).

3.) Stehende Bilder lassen sich in SSTV oder FAX per Funk übertragen.( ein Bild wird Zeile fuer Zeile übertragen )

4.) Bewegte Bilder ( sogar in Farbe ) in ATV ( = Amateurfunkfernsehen ), inzwischen (2009) sogar digital

5.) Du kannst QSL - Karten und Diplome sammeln(QSL = schriftliche Bestätigung für eine Verbindung )

6.) Dich sportlich bei Fuchsjagden betätigen( Fuchsjagd = Veranstaltung im Freien, wobei Sender im Gelände versteckt werden, die ich mit Hilfe eines Empfängers finden muß) neuerdings auch "Geocaching" = mit GPS-Empfängern Standorte finden

7.) an Contesten und Fielddays teilnehmen ( Fieldday = im Freien Funken = es werden Masten, Zelte und Funkstationen draußen aufgebaut und innerhalb einer vorgegebenen Zeit heisst es, möglichst viele Verbindungen zu anderen Stationen zu tätigen, wobei der benötigte Strom selbst - über einen Generator - erzeugt werden muss )- ( Contest = kann auch von einer Feststation = 230 V-Netz gefahren werden)

8.) Dich in Telegrafie mit der Morsetaste betätigen( CW = internationale Sprache = in der Telegrafie gibt es einen internationalen Schlüssel, den jeder Kurzwellenfunkamateur zur Prüfung bis vor Kurzem beherrschen mußte, und damit kann ich mich mit Funkamateuren aus allen Ländern unterhalten, selbst wenn zwei Partner keine gemeinsame "normale" Sprache haben ! )

9.) das gesellige Beisammensein ( im OV oder im DARC ) geniessen oder auch gestaltend eingreifen( OV = Ortsverband; DARC = deutscher Amateur Radio Club )

10.) Dich in fremden Sprachen üben ( per Funk )

11.) Ausbreitungsbedingungen erforschen ( + Wetterbeobachtung )

12.) automatische Stationen betreiben ( z.B: Relais, Digipeater, Mailboxen, Satelliten usw.)

und, und, und..............

Und in letzter Zeit ist auch im Amateurfunk der Computer immer mehr auf dem Vormarsch.

In unserem Multimedia-Zeitalter - bei immer mehr Vernetzung, auch am Arbeitsplatz - gibt mir dieses Hobby spielerisch die Möglichkeit, meine Kenntnisse zu erweitern und so " am Ball " zu bleiben .

Fast alle eben aufgeführten Betriebsarten lassen sich mit dem PC verwirklichen. Und fast alles, was der PC kann, lässt sich auch drahtlos über Funk in alle Welt übertragen.

Heute - im Jahre 2010 - kann ich mit dem PC weltweit Amateurfunk machen, ohne ein Funkgerät und ohne eine Antenne haben zu müssen: Über Echolink ! (im Internet). Die Lizenz ist aber auch dafür erforderlich.
Echolink ist ein Programm, bei dem ich auf dem Bildschirm sehe, wer in welchem Land gerade ansprechbar  ( qrv ) ist, und den kann ich dann gezielt ansprechen. Ich kann mir aber auch in irgendeinem Land ein Relais aussuchen, dieses connecten und dann darüber hören, wer gerade dort "in der Luft " ist und diesen ansprechen. So kann es sein, daß ich mit Jemandem spreche, der gerade mit seinem Auto durch New York fährt, der auf seinem Schiff gerade den Panamakanal passiert oder der am Nordpol einen Schneesturm abwartet.

Außerdem gibt es inzwischen digitale Relais ( D-Star ) auf den Bändern 144 MHz und
höher, die zum Teil eine Gatewayanbindung haben. Das bedeutet, ich kann z.B. mit einem
kleinen Handfunkgerät ein solches Relais ansprechen und mich darüber mit anderen Relais
in Deutschland, Europa und der Welt verbinden lassen. Allerdings brauche ich dafür
Geräte, die D-Star-tauglich sind.

Und es gibt eine riesige Menge an Software für alle möglichen Anwendungen
im Rahmen des Amateurfunks, vom einfachen QTH-Locator-Berechnungsprogramm ( QTH = Standort) bis hin zu Programmen, die Satelliten automatisch ( unter Steuerung der Antennen) verfolgen können - ein riesig weit gefächertes Gebiet von Anwendungen im Rahmen unseres Hobbys, und täglich kommt Neues hinzu !

Natürlich kannst Du Dich auch darauf beschränken, von zu Hause aus einfach nur allem - auch den Rundfunksendern der Welt - zuzuhören ( SWL = short wave listener). Dazu brauchtest Du noch nicht einmal eine Lizenz.
Viele Funkamateure arbeiten in technischen Betrieben und treiben dort die Entwicklung
voran, z.B. bei DESY, NASA usw. Wenn Du also einen Job in diesen Branchen suchst, ist
eine Amateurfunklizenz sicher kein Nachteil in Deinen Bewerbungsunterlagen.

Eine neue Entwicklung ist seit 2010 das HAMNET.
Hier entwickeln Funkamateure ein dem Internet vergleichbares Netz nur für Funkamateure, das unabhängig vom Internet funktionieren wird, aber nur für Funkamateure zugänglich ist.

Was aber für mich persönlich einer der interessantesten Aspekte meines Hobbys ist: Über dieses Medium kannst Du schnell Freunde in aller Welt gewinnen. Das fängt im eigenen Wohnort an: Über Funk kannst Du Menschen aus allen Schichten, aus allen Berufen und mit den verschiedensten Interessen kennenlernen und Dich mit ihnen anfreunden. Wohin Du auch kommst auf der Welt, überall gibt es Funkamateure und überall bist Du als solcher willkommen, auf allen Kontinenten unserer Welt, und immer hast Du Ansprechpartner, die Dir gern weiterhelfen, ohne Ansehen von Nationalität, Weltanschauung, Religion oder Ähnlichem.

Sicher hast Du in den Medien mal von Hilfeleistungen durch Funkamateure bei Naturkatastrophen gehört.Auch das ist ein wichtiger Aspekt unseres Hobbys, und Funkamateure in allen Ländern der Welt können bei solchen Ereignissen kurzfristig ( und meist als Erste ) helfen !

Jeder Funkamateur wird Dir berichten können von Kontakten, die sich aus einem ersten Gespräch zu einer engen Verbindung, ja vielleicht Freundschaft entwickelt haben, sei es im gleichen Wohnort oder zu Funkamateuren in fernen Ländern. Hast Du das einmal selbst erlebt, dann hat der Virus Dich infiziert, dann wirst Du Dein Leben lang mit Freude Funkamateur sein.
Wenn alle Menschen so offen und vorbehaltlos miteinander umgehen würden, wären wir schon ein Stückchen weiter in der friedlichen menschlichen Entwicklung. Wir Funkamateure können jeder für sich ein wenig dazu beitragen, weil unser Hobby über alle Grenzen geht.
Und deshalb bin ich froh (und ein bißchen stolz), dazu zu gehören.

Außerdem: Welchen Weg Du im Rahmen unseres Hobbys auch bevorzugst, um mit der Welt in Verbindung zu sein - immer wieder faszinierend ist: Du kannst von Deinem Schreibtisch aus Verbindungen in alle Welt pflegen ! Und das extrem preisgünstig !! - Heute sagt man wohl: Echt cool !!!

Und wie wir Funkamateure sagen : 73 ( = herzliche Gruesse ) es ( = und ) 55 ( = viel Erfolg ) de ( = von ) Winni, DL3XU at DARC.de

PS: Weitere Infos zu diesem schönen Hobby findest Du auf der DARC-Homepage.